Das Pilotprojekt SKMR ist mittlerweile acht Jahre alt. 2016 entschied der Bundesrat, dass das SKMR spätestens Ende 2020 durch eine definitive, gesetzlich verankerte Nationale Menschenrechtsinstitution (NMRI) abgelöst werden soll.
Der Abstimmungskampf zur Selbstbestimmungsinitiative zeigte eklatante Wissensdefizite im Bereich der Menschenrechte auf.
Der nach wie vor grosse Bedarf an einer NMRI, die sich auch dem Wissenstransfer widmet, zeigte sich im Herbst 2018: Der Abstimmungskampf zur Selbstbestimmungsinitiative bot eindrücklichen Anschauungsunterricht über weit verbreitete, eklatante Wissensdefizite im Bereich der Menschenrechte.
Zickzackkurs des Bundesrats
Doch der Bundesrat verfolgte 2018 einen Zickzackkurs. Noch Anfang des Jahres sah es nach der mehrheitlich positiv verlaufenen Vernehmlassung im Jahr 2017 so aus, dass die mittlerweile mehrere Jahrzehnte dauernden Arbeiten zur Schaffung einer NMRI mit einer Kompromisslösung zum Abschluss gebracht werden könnten. Ein rasches Vorangehen wäre mit Blick auf das baldige Ende des Pilotprojekts SKMR mehr als wünschenswert gewesen.
Im Herbst 2018 ist das federführende EDA jedoch auf die Vernehmlassungsvorlage zurückgekommen und prüft inzwischen eine bescheidenere Umsetzung „à la Suisse“. Zur Diskussion steht dabei eine in früheren Jahren verworfene Kommissionslösung mit Beratungsmandat. Es wird sich zeigen, wie der Bundesrat mit einem solchen Modell den nach wie vor angestrebten A-Status gemäss den Pariser Prinzipien erreichen will. Zu hoffen bleibt, dass bei der Ausarbeitung eines neuen Modells die Erfahrungen des SKMR berücksichtigt werden. Schliesslich war es eines der erklärten Ziele des Bundes, mit dem Pilotprojekt Erfahrungen für die Ausgestaltung einer allfälligen NMRI zu sammeln.
Eine Nationale Menschenrechtsinstitution (NMRI) mit A-Status muss gemäss den Pariser Prinzipien der UNO folgende Vorgaben vollumfänglich erfüllen:
In Europa gibt es heute 38 NMRI, welche die Pariser Prinzipien vollständig oder teilweise erfüllen. Weltweit existieren 122 NMRI (Stand: 26. Dezember 2018). Die Ausgestaltung dieser Institutionen ist sehr unterschiedlich. Das SKMR ist keine NMRI. Das Zentrum wird nur auf Mandat hin aktiv und verfügt über keine gesetzliche Grundlage oder eigene Rechtspersönlichkeit. Damit fehlt es an der erforderlichen Unabhängigkeit.
Das Bekenntnis zur NMRI wird schwächer
Die Abschwächung des einst klaren Bekenntnisses zur Schaffung einer NMRI lässt sich auch in den Berichten und Stellungnahmen des Bundesrats verfolgen.
Im Rahmen der sogenannten Universellen Periodischen Überprüfung vor dem Menschenrechtsrat (UPR) hatte die Schweiz im Jahr 2017 die Empfehlungen der UNO angenommen, die Bemühungen zur Schaffung einer NMRI fortzusetzen. Im Februar 2018 ging der Bundesrat überraschend noch einen Schritt weiter, indem er zusätzlich Empfehlungen annahm, welche explizit die Schaffung einer NMRI im Einklang mit den Pariser Prinzipien, d.h. mit einem breiten Mandat, ausreichender Unabhängigkeit und genügenden finanziellen und personellen Ressourcen gefordert hatten.
Das SKMR hat zur „Stärkung der Politik im Bereich der Menschenrechte“ beigetragen.
Sodann hielt der Bundesrat im Bericht der Schweiz zum Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (Pakt I) vom 14. Februar 2018 fest, dass das SKMR „zur Stärkung der Politik im Bereich der Menschenrechte“ beigetragen habe. Es solle daher bald durch ein universitäres Zentrum mit gesetzlicher Grundlage abgelöst werden. Völlig unerwähnt lässt der Bericht indes die wohl wichtigste Arbeit des SKMR in diesem Gebiet. Das SKMR gelangte nämlich in einer Studie zu den Garantien desselben Paktes im Jahr 2016 zum Schluss, dass die Haltung des Bundesrats (wonach wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte keine einklagbaren Menschenrechte sind, sondern sich einzig an den Gesetzgeber richten) juristisch zumindest in dieser allgemeinen Weise nicht mehr haltbar sei und sich im Übrigen auch vor dem Hintergrund der entsprechenden landesrechtlichen Vorgaben kaum mehr rechtfertigen lasse.
Noch offener ist schliesslich die Formulierung des Bundesrats in seinem am 30. November 2018 verabschiedeten Bericht zum Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form der Rassendiskriminierung: „Die Bundesverwaltung bemüht sich derzeit darum, die Grundlagen für die Einrichtung einer nationalen Menschenrechtsinstitution zu schaffen“. Im Übrigen werden Arbeiten des SKMR zwar aufgeführt; auf die kritischen Befunde geht der Bundesrat aber nicht ein.
Für das SKMR gilt es nun die noch verbleibende Zeit dafür zu nutzen, mit konstruktiven und kritischen Analysen und Veranstaltungen einen Beitrag zur Umsetzung der Menschenrechte in der Schweiz zu leisten und den Finger auf entsprechende Defizite zu legen.
Jörg Künzli, Direktor, und Evelyne Sturm, Geschäftsführerin des SKMR.
Neuer Schwerpunkt
2018 hat das SKMR einen neuen Arbeitsschwerpunkt in sein Programm aufgenommen: Menschenrechte am Arbeitsplatz. In diesem Jahresbericht behandeln wir als ersten Beitrag aus diesem Schwerpunkt die Frage, ob die Schweizer Gesetze geeignet sind, die Ausbeutung von Arbeitskräften wirksam zu bekämpfen.
Schon seit seiner Gründung befasst sich das SKMR mit dem Freiheitsentzug. Sie finden daher in diesem Jahresbericht eine vorläufige Bilanz der Entwicklungen der letzten Jahre, ergänzt durch ein Interview mit Prof. Alberto Achermann, dem Präsidenten der Nationalen Kommission zur Verhütung von Folter.
Wir wünschen Ihnen eine angenehme und informative Lektüre
Jörg Künzli, Direktor, und Evelyne Sturm, Geschäftsführerin SKMR
Die Entstehung des SKMR geht auf die Forderung von 100 Nicht-Regierungs-Organisationen, Gewerkschaften, kirchlichen Institutionen und Persönlichkeiten im Sommer 2001 zurück, welche die Schaffung einer Nationalen Menschenrechtsinstitution (NMRI) in der Schweiz verlangten. Es wurde im Mai 2011 eröffnet. Auf der Grundlage der im April 2015 abgeschlossenen externen Evaluation des SKMR entschied der Bundesrat am 1. Juli 2015, das Mandat des SKMR zu verlängern, bis eine Nachfolgeorganisation errichtet ist, jedoch für maximal fünf Jahre. Bis zum Ende seines Bestehens Ende 2020 stützt sich die Arbeit des SKMR auf folgende vier Säulen: